Es gibt etwa 300 bekannte Arten von Blutegeln auf der Welt. Wir als Therapeuten arbeiten mit dem medizinischen Blutegel – Hirudo medicinalis. Der Egel wird extra in einer zugelassenen Zuchtstätte aufgezogen und an die Therapeuten verschickt.
Erste Erfahrungen in der Therapie mit Blutegeln sind bereits aus dem 5. Jahrhundert vor Christi bekannt.
In Deutschland hielt die Behandlung im 18. Jahrhundert Einzug und nahm Mitte des 19. Jahrhunderts wieder ab, die Methode galt als nicht mehr zeitgemäß. In der heutigen Zeit werden ca. 300.000 bis 400.000 Egel an Mensch und Tier angesetzt.
Die Wirkstoffe eines Egels
Aeromonas hydrophila – ein Darmsymbiont, der bakterizid (antibiotisch) und analgetisch(schmerzlindernd) wirkt
Antistasin – wirkt gerinnungshemmend und gegen Metastasen
Calin – wirkt gerinnungshemmend
Eglin – wirkt antientzündlich und gerinnungshemmend
Hirudin – wirkt gerinnungshemmend und hält die Wunde offen
Hyaluronidase – wirkt gefäßerweiternd und lymphstrombeschleunigend
u.a.
Egel sind wunderbare Helfer in der Tiermedizin! Er gehört zur Familie der Ringelwürmer (wie auch der Regenwurm). Er ist zweigeschlechtlich. Die Eier der Egel werden am nahen Uferrand abgelaicht und nach ca. 4 Wochen schlüpfen aus einem Kokon die Jungegel. Egel können ein Alter von 30! Jahren erreichen. Nach einer Mahlzeit brauchen die Egel meist erst wieder nach 6 bis 24 Monaten Nahrung (Blut) zu sich nehmen. Im ausgewachsenen Alter von 2 – 3 Jahren wird er als „Therapeuten“ angesetzt. Mit seinen scharfen Kalkzähnen raspelt er sich durch die Haut des Patienten und fängt an Speichel zu produzieren und Enzyme in die Wunde einzuschleusen. Die Behandlung beginnt.
Während einer Behandlung nimmt der Egel das 6 bis 10-fache seines Körpervolumens an Nahrung auf. Er kann eine Länge von 20 cm erreichen und bis zu 40 g schwer werden.
Egel sind sehr empfindsame Zeitgenossen. Sie reagieren sehr empfindlich auf Umweltreize. Ihre Geruchs- und Temperaturfühler an der Oberlippe nehmen die kleinsten Schwankungen wahr. Egel beißen ungern bei frostigen Temperaturen und bei zu starker Hitze bzw. Gewitterluft.
Bewährte Einsatzgebiete in meiner Praxis:
Arthritis/ Arthrose
Hufrollenerkrankung (akut und chronisch)
Spat
Schale
Hufrehe
Tendinitis
Bursitis
schlecht heilende Wunden
Genickbeulen
Gallen
Hämatome
Satteldruck…
Fallbeispiele der Blutegeltherapie:
„Hella“, Finn-Stute, 12 Jahre
Seit 2 Jahren rezidivierende Hufgelenksentzündungen mit mehr oder weniger starker Lahmheit bei Belastung. Die Stute wird im Gelände geritten, leichte Bahnarbeit, kein Springpferd. Boxenhaltung mit Paddock und im Sommer Weidegang.
Jetzt schulmedizinisch austherapiert, ein Nervenschnitt in der Klinik wurde angeraten. Die Besitzerin bat mich, einen letzten Versuch mit der Blutegeltherapie vorzunehmen. Der Termin war im Februar, wir hatten Frosttemperaturen und die Blutegel waren alles andere als „beißwütig“. Trotzdem haben wir es geschafft, mit Hilfe einer Rotlichtlampe und warmem Wasser die Tiere an den vorher kinesiologisch ausgetesteten Stellen anzusetzen. Wenn die Egel erst einmal gebissen haben, dann muss man sie evtl. dazu animieren zu saugen. Dieses haben wir mit ständigem Beträufeln von Wasser geschafft. Insgesamt wurden bei der ersten Sitzung 4 Egel angesetzt. Gleichzeitig haben wir noch die homöopathischen Mittel Arnica, Ginkgo biloba und Symphytum eingesetzt, sowie ein durchblutungsförderndes Mittel.
Die Stellen bluteten ca. 8 Stunden nach, der Verschluß der Wunden war unauffällig. Nach 3 Tagen brachen die Bissstellen wieder auf und es entleerte sich eine seröse, lymphatische Flüssigkeit. Die lange bestandenen entzündlichen Prozesse des Hufes und des Beines waren in ein akutes Stadium versetzt worden, der Heilprozess setzte von neuem wieder ein. Es wurde ein „natürliches“ Penicillin verabreicht, um diesen gewünschten Effekt nicht wieder zu unterdrücken. Nach 1 Woche wurden erneut 4 Egel angesetzt. Die Stute ging nach 3 Wochen lahmfrei, läuft heute mit einem Spezialbeschlag und wird noch leicht, aber schmerzfrei als Freizeitpferd geritten. Sie ist ein einen Offenstall umgezogen, da somit eine stetige Bewegung erfolgen kann, welche die Hufdurchblutung verbessert.
Die Besitzerin behandelt derzeit ausschließlich mit pflanzlichen, durchblutungsfördernden Arzneimitteln nach und achtet auf einen funktionierenden Stoffwechsel, damit anfallende Schlacken- und Entzündungsstoffe sofort abtransportiert werden können.
„Paul“, Shetland Wallach, 7 Jahre
Paul hatte nach einer nicht richtig gesetzten Injection auf der gesamten rechten Halsseite ein Hämatom, welches eine Steifheit des Halses hervorrief. Er fraß schlecht, war unmotiviert und zickig.
Nach Rasieren einer Fläche von ca. 10 cm Durchmesser konnten wir 4 Blutegel platzieren. Nachdem die Egel 20 Minuten gesaugt hatten, war die Stelle deutlich weicher und auch während der Behandlung stand Paul entspannt und schnaubte ab. Die Wunden bluteten 6 Stunden nach und am nächsten Tag bereits war Paul aufgeweckter und hatte wieder mehr Appetit. Auch hier wurde ein durchblutungsförderndes Mittel eingesetzt und Homöopathie zum Abbau des Hämatoms.
Aufgrund der großen Fläche der Schwellung haben wir die Behandlung noch 2 x wiederholt. Nach 3 Wochen konnte der Hals von ihm wieder normal zu beiden Seiten bewegt werden, seine Unzufriedenheit hat sich bereits nach 3 Tagen gebessert. Als „Nebeneffekt“ konnte eine chronisch bestehende Kiefergelenksentzündung geheilt werden.